In Leipzig entwickelt und bei Heilbronn erstmals gebaut: Die Solar-Shell-Fassade verknüpft Design und Energieerzeugung
Mit der „Solar-Shell“ haben Forschende der HTWK Leipzig eine Fassadenkonstruktion entwickelt, die Solarenergie erzeugt und gleichzeitig mit architektonischer Eleganz überzeugt. Bei Heilbronn wurde 2021 das erste Gebäude mit einer solchen Fassade fertiggestellt. Es erzeugt rund 10.000 Kilowattstunden Energie im Jahr. Dafür wurden die Forschungsgruppe um Architektur-Professor Frank Hülsmeier als eines von 37 Teams aus mehr als 100 Einreichungen für den Innovationspreis Reallabore 2022 des Bundeswirtschaftsministeriums nominiert. Die Preisverleihung findet am 31. Mai in Berlin statt.
Großes Potenzial
Gebäudeintegrierte Photovoltaik birgt großes Potenzial für die Energiewende: 6.000 Quadratkilometer Gebäudedächer und doppelt so viel Fassadenfläche ließen sich theoretisch in Deutschland für Photovoltaik nutzen. Doch Fassaden sollten nicht nur funktionell, sondern auch abwechslungsreich gestaltet sein, findet Hülsmeier: „Um die Energiewende zu schaffen, müssen wir Architektinnen und Architekten mitnehmen. Allein flächig mit schwarzen Solarpanels behängte Wände wären keine Lösung für einen vielfältigen öffentlichen Raum.“
Gestaltende Algorithmen
Ein Lösungsvorschlag ist die vorgehängte Fassade aus Aluminium-Verbundelementen mit integrierten Photovoltaikmodulen namens Solar-Shell, an der Hülsmeier und sein Team seit 2015 arbeiten. Wie eine Solar-Shell-Fassade im Detail aussieht, berechnet ein Algorithmus. Darin fließen Informationen wie Gesamtfläche, erwünschter Stromertrag, Standort, Himmelsrichtung und die Eigenschaften der verwendeten Materialien ein. Ein Computerprogramm berechnet dann, wie groß die Einzelelemente sein müssen, um den Platz optimal auszunutzen. Diesen Vorschlag können Architektinnen und Architekten dann mit ihren Gestaltungsideen erweitern.
Kreative Formen und Farben
Für die erstmalige Umsetzung an einem realen Gebäude arbeiteten die Forschenden mit mehreren Unternehmen zusammen. Aluform, ein Verarbeiter von Aluminium-Verbundwerkstoffen, setzte die Solar-Shell-Fassade 2021 an seinem Firmengebäude bei Heilbronn erstmals um. An der Süd- und Westfassade des Neubaus glänzen helle Drei- und Vierecke, die aus den beiden Wänden dreidimensional hervorstehen und Solarstrom erzeugen. „Die plastische Struktur entsteht automatisch, wenn wir die Photovoltaik-Module bestmöglich zur Sonne ausrichten, denn kaum eine Wand steht in einem für die Energiegewinnung optimalen Winkel“, erläutert
Hülsmeier.
In Reallaboren werden Innovationen unter realen Bedingungen erprobt. Sie sind ein wichtiger Schritt beim Transfer von Forschungsergebnissen in die breite Anwendung.
Autorin: Katrin Haase