Das Institut für Wasserbau und Siedlungswasserwirtschaft der HTWK Leipzig erarbeitet gemeinsam mit der Stadt und den Wasserwerken neue Ansätze zum Umgang mit extremen Niederschlägen in Leipzig
Klimaforscher warnen, dass es in Zukunft immer häufiger Sommer mit Dauer- und Starkregen geben wird. Auch in Leipzig nehmen Extrem-Niederschläge zu – sogar so sehr, dass dadurch die Bemessungsregeln für die Kanalisation überschritten werden. Die Stadt Leipzig und die Leipziger Wasserwerke riefen deshalb Anfang 2017 das Projekt „KAWI-L – Kommunale Anpassungsstrategie für wassersensible Infrastrukturen in Leipzig“ ins Leben, um die Auswirkungen von Starkregen-Ereignissen zu untersuchen. Teil des Projektes ist die wissenschaftliche Begleitung durch das Institut für Wasserbau und Siedlungswasserwirtschaft (IWS) der HTWK Leipzig.
Ganzheitliche Ansätze
Die Forscherinnen und Forscher des IWS führen Untersuchungen und Berechnungen von Fließwegen im Stadtgebiet, von verschiedenen Regenszenarien mit variierenden Regenmengen und -zeiten sowie zum Ablaufverhalten über die Kanalisation durch. In Zusammenarbeit mit dem Verkehrs- und Tiefbauamt, dem Amt für Umweltschutz und den Wasserwerken entwickeln sie ganzheitliche Ansätze für den Umgang mit extremen Niederschlägen. Auch Erfahrungen aus früheren Regenereignissen sowie aktuelle Luftbilder zur Versiegelung von Flächen sowie andere relevante Parameter fließen in die Betrachtungen mit ein.
„Starkregen, wie sie in den letzten Jahren wieder häufiger auftreten, wurden in der Vergangenheit nur unzureichend bei der Stadtplanung berücksichtigt. Das zeigt sich beispielsweise, wenn Tiefgarageneinfahrten an Fließwegen liegen oder Zugänge in Geschäften und Wohnungen barrierefrei und damit ebenerdig zum Gehweg angelegt wurden“, erzählt Prof. Hubertus Milke, wissenschaftlicher Direktor des IWS.
Forschung für die Leipziger Stadtplanung
„Ziel ist es, langfristig ein neues Arbeitsinstrument für die Stadtplanung und -gestaltung sowie für den Kanalbetrieb zu entwickeln“, sagt die Leiterin des Amts für Umweltschutz, Angelika Freifrau von Fritsch, und unterstreicht: „Bei der Planung neuer Quartiere oder Erschließungsmaßnahmen berücksichtigt die Stadt Leipzig schon heute Aspekte des naturnahen Regenwassermanagements – zum Beispiel im Rahmen der Gründachstrategie. Auch die Wasserwerke setzen schon heute auf eine intelligente Stauraumbewirtschaftung im Kanal.“
Für den Umgang mit zunehmend heftigen und kleinräumigen Regenereignissen stellt die klassische Ableitung über die Kanalisation nicht die alleinige Lösung dar, betont der Technische Geschäftsführer der Wasserwerke, Dr. Ulrich Meyer. Die Leipziger Kanalisation sei wie in der Abwasserbranche üblich für die Ableitung von „normalen“ Regenereignissen ausgelegt. „Die Kanalisation darüber hinaus aber flächendeckend auf die selten und zumeist lokal begrenzten Starkregen auszulegen, wäre aufgrund des Platzmangels im Untergrund schwer umsetzbar und zudem wirtschaftlich nicht vertretbar. Die Kanäle wären dann für den Normalbetrieb viel zu groß“, sagt er. Daher müsse das Niederschlagswasser mithilfe von anderen Maßnahmen bewirtschaftet, das heißt schadfrei zwischengespeichert oder abgeleitet werden.
Mithilfe von KAWI-L erwarten sich die Projektpartner Erkenntnisse, wo bauliche Maßnahmen im Stadtgebiet sinnvoll wären. Bis Mitte des Jahres ist mit konkreten planungsrelevanten Ergebnissen zu rechnen. Dann sollen die aufwendigen Berechnungen und Simulationen abgeschlossen sein.
Das IWS der HTWK Leipzig ist Mitglied im 2018 gestarteten Co-Creation Lab „Versorgungsinfrastruktur“ des Transferverbunds Saxony⁵ der fünf sächsischen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften. An das Co-Creation Lab können sich Akteure aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft wenden, um konkrete Problemstellungen in den Bereichen Wasser-, Energie- und Wärmeversorgung gemeinsam mit Wissenschaftlern der sächsischen Hochschulen zu lösen.