Der Studiengang Museologie lädt am 10. Dezember zu einem öffentlichen Vortrag der Gastwissenschaftlerin Arianna Favaretto Cortese (Universität Verona) ein
Die Forscherin Arianna Favaretto Cortese untersucht bewegliche Kruzifixe aus den Gebieten der ehemaligen Republik Venedig und gewährt dabei faszinierende Einblicke in die performative Spiritualität des Mittelalters. Das Forschungsprojekt widmet sich Kruzifixen, die über bewegliche Arme, Beine oder Zungen verfügen. Diese wurden vom 14. bis 16. Jahrhundert in liturgischen und para-liturgischen Aufführungen eingesetzt. Während ihr Gebrauch nördlich der Alpen gut dokumentiert ist, zeigt die Forschung, dass sie in den italienischen Gebieten vor allem von Bruderschaften und Bettelorden in religiösen Darstellungen verwendet wurden. Je nach Skulpturentyp dienten sie bestimmten Szenen: etwa der Kreuzigung, der Kreuzabnahme oder der Grablegung. Durch ihre Beweglichkeit konnten zentrale Momente des Leidens und Sterbens Christi besonders anschaulich vermittelt werden.
Forschungsgebiet und methodischer Ansatz
Favaretto Cortese konzentriert sich auf jene venezianischen Territorien, welche sich von der heutigen Lombardei bis nach Split erstrecken. Dieser geografische Fokus ermöglicht eine präzisere Katalogisierung der Kunstwerke und eine genauere Analyse ihrer Funktionen. Besonders die kroatische Küste stellt dabei ein weitgehend unerforschtes Terrain dar, da dort bislang keine systematische Untersuchung beweglicher Kruzifixe vorlag.
Ihr interdisziplinärer Ansatz verbindet kunsthistorische, theatergeschichtliche und technikgeschichtliche Methoden. Ziel ist es, stilistische Verbindungen zwischen Werkstätten und Bildhauerinnen und -bildhauer zu identifizieren, historische Quellen wie Passionsspiele oder Prozessionen zu interpretieren und die mechanischen Funktionsweisen der Skulpturen zu analysieren.
Einblicke in eine lebendige Glaubenskultur
Die Untersuchung dieser Objekte bietet neue Einblicke auf die mittelalterliche Religiosität. Bewegliche Kruzifixe zeigen, wie heilige Bilder im damaligen Verständnis buchstäblich „zum Leben erweckt“ werden konnten. In einer Zeit, in der spirituelle Erfahrung stark mit Sinnlichkeit und Symbolik verbunden war, fungierten sie als greifbare Verbindung zwischen dem Göttlichen und dem Menschlichen.
Forschung an der HTWK Leipzig
Derzeit ist Arianna Favaretto Cortese als Gastwissenschaftlerin an der HTWK Leipzig tätig, wo sie den Einfluss der deutschen Holzbildhauerei auf Venedig untersucht. Betreut wird sie von Prof. Dr. Johannes Tripps, einem der führenden Experten auf dem Gebiet der beweglichen Kruzifixe.
Öffentlicher Vortrag an der HTWK Leipzig
Im Rahmen ihres Forschungsaufenthalts präsentiert Arianna Favaretto Cortese zentrale Erkenntnisse und Ergebnisse ihres Dissertationsprojekts in einem öffentlichen Vortrag mit dem Titel „Between Art, Theatre and Technology: Articulated Crucifixes in the Venetian Territories (14th–16th centuries)”.
Die Veranstaltung findet am 10. Dezember 2025 um 17:00 Uhr im Raum LI 318 in englischer Sprache statt und wird vom Studiengang Museologie der Fakultät Informatik und Medien organisiert. Alle Angehörigen der HTWK Leipzig sowie externe Gäste sind herzlich eingeladen.



