Die Druck- und Verpackungstechnologin Jennes Hünniger forscht mit einem Promotionsstipendium an der HTWK Leipzig. Bis zum 1. März können sich Interessierte für ein solches Stipendium bewerben.

Konzentriert und routiniert platziert Jennes Hünniger eine Kartonprobe auf dem Prägewerkzeug, das zwischen zwei schwere Metallplatten einer Druckprüfmaschine montiert ist. Prägeprozesse lassen Muster auf Papier und Karton entstehen, indem sie das Material gezielt verformen. Am Rechner kann die Ingenieurin nun Prägekraft, Prägeweg und Prägedauer einstellen. Mit nur einem Knopfdruck entsteht in wenigen Sekunden eine perfekte Prägung auf dem Papier. Dahinter steht jedoch ein komplexer Prozess, der bisher kaum erforscht ist.
Leidenschaft für Papier
Wie muss ein Karton beschaffen sein, um eine spezifische Prägung zu erzielen? Welche Kriterien beeinflussen den Prozess und das Ergebnis? Mit diesen und anderen Fragen beschäftigt sich Hünniger in ihrer Doktorarbeit. Für ihren Forschungsgegenstand begeistert sie sich schon von Kindesbeinen an. „Papier liegt mir in den Genen. Schon als kleines Kind habe ich meinem Großvater bei der Arbeit zugesehen, der als Schauwerbegestalter jeden Tag von Farben und Papier umgeben war“, berichtet Jennes Hünniger.
Von der Praxis zur Theorie
Von der ersten Begeisterung für das Material bis zur eigenständigen Forschung vergingen einige Jahre: Nach einer Ausbildung zur Gestaltungstechnischen Assistentin arbeitete sie in einer Offset-Druckerei. Besonders spannend fand sie dabei die verschiedenen Prägeprozesse und die Veredelung von Papieren. Nach acht Jahren Arbeitserfahrung wuchs ihr Wunsch, mehr darüber zu lernen: „Das Interesse an Werkstoffen, vor allem an Papier, und der Wunsch, zu forschen, haben mich an die HTWK Leipzig geführt“, so Hünniger. Hier absolvierte sie zunächst ein Bachelor- und anschließend ein Masterstudium der Druck- und Verpackungstechnik. Gefördert wurde sie mit einem Aufstiegsstipendium der Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung. Diese unterstützt engagierte Studierende mit Berufsausbildung und Praxiserfahrung bei der Durchführung eines akademischen Hochschulstudiums.
Traditionelle Kategorien erweitern
Ein Praxissemester beim Sächsischen Institut der Druckindustrie Leipzig und die enge Vernetzung ihres Professors Lutz Engisch mit der Wirtschaft bildeten für Jennes Hünniger die Brücke zur Forschung. Sowohl die technischen Voraussetzungen für präzise und ästhetisch ansprechende Prägungen, als auch die Rolle der Werkzeuge wurden – gerade im Hinblick auf industrielle Fertigungen – stetig wichtiger. Diese Beobachtungen und die Erkenntnisse aus ihrer Masterarbeit informieren schließlich auch ihre gegenwärtige Forschung: Hünniger fiel schnell auf, dass die traditionell ingenieurwissenschaftlichen Kategorien – Kraft, Zeit und Temperatur – allein nicht reichen, um Prägungen zu beschreiben. Um den Prozess adäquat zu definieren und zu messen, müssen weitere Aspekte berücksichtigt werden. „Das Prägeergebnis hängt von drei Kriterien ab: dem Material und dessen Verhalten bei der Umformung, dem Prägedesign und schließlich dem Prozess des Prägens selbst“, erläutert Jennes Hünniger.

Forschungsneuland betreten
Bisher gibt es keine Standardisierung des Prägeprozesses, keine einheitliche Terminologie und keine Kennwerte, die das Prägeverhalten beschreiben. Das möchte die Doktorandin nun ändern. Seit 2015 promoviert Jennes Hünniger in Kooperation mit der Technischen Universität Dresden zum Umformverhalten von Karton im Prägeprozess. Mit ihrem Promotionsvorhaben betritt sie Neuland: Denn Hünniger ist eine der ersten, die den Vorgang des Prägens von Karton mit einem ganzheitlichen Ansatz erforscht. Seit 2017 wird die Arbeit mit einem Promotionsstipendium der HTWK Leipzig gefördert. Dadurch kann sie sich nun voll und ganz auf ihre Dissertation konzentrieren. Die Doktorandin resümiert: „Ich genieße die Freiheit, unabhängig und finanziell abgesichert forschen zu können. Zugleich motiviert mich das Stipendium, etwas zu leisten und meine Forschung voranzubringen.“
Langfristig umweltfreundlicher prägen
Die Arbeit zum Prägeverhalten von Karton ist zukunftsweisend. Je besser der Prägeprozess und die Voraussetzungen für die Materialbeschaffenheit erforscht sind, desto gezielter und präziser können Prägungen umgesetzt werden. Das Interesse der Wirtschaft an einer Standardisierung und einem besseren Prozessverständnis ist groß: Mit regionalen Unternehmen tauscht sich Jennes Hünniger über Messtechnik, Materialverhalten und Prägewerkzeuge aus. Langfristig erlauben die Untersuchungen, Prägeergebnisse vor der eigentlichen Herstellung gezielt vorherzusagen und damit zu einer umweltfreundlicheren und kostengünstigen Produktion beizutragen.
Bis zum 1. März können sich Absolventinnen und Absolventen der HTWK für ein Promotionsstipendium an der HTWK bewerben. Alle Informationen zu den Bewerbungsvoraussetzungen und Förderbedingungen finden sich in der Förderrichtlinie.