Alumni-Portraits
Für unsere Alumni war das Studium der Startschuss der beruflichen Laufbahn – in unseren Interviews stellen wir vor, wie die Geschichte weiterging, persönlich und beruflich. Damit wollen wir zeigen, wie eng die Verbindungen zwischen der Hochschule, ihren Absolventinnen und Absolventen und der Region ist – und wie stark die Wirkungen darüber hinaus. Möchten Sie sich gern „portraitieren“ lassen? Dann schreiben Sie uns unter alumni(at)htwk-leipzig.de oder schicken uns den ausgefüllten Fragebogen (docx)!
Geschichten von Alumni der HTWK Leipzig
Was haben Sie vor dem Studium gemacht? Warum haben Sie sich entschieden, an der HTWK zu studieren?
Nach meiner Schulzeit am Gymnasium habe ich meinen Wehrdienst geleistet, ehe ich das Studium aufgenommen habe; Im Rahmen von Jugend Forscht habe ich von unterschiedlichsten Unternehmen der IT-Branche die HTWK Leipzig als Empfehlung bekommen; Ich wollte außerdem ein praxisnahes Studium absolvieren.
An welche Situation, Person oder an welches Detail an der HTWK Leipzig können Sie sich gut erinnern und warum?
Insgesamt erinnere ich mich sehr gut und an sehr viele Momente meines Studiums, da es eine sehr intensive Zeit war. Ich war bereits im ersten Semester in der Studienkommission, im zweiten Semester dann im Fachschaftsrat. Hier kann ich mich noch sehr gut an eine Einladung beim damaligen Dekan erinnern. Auch sonst war die Arbeit in den Gremien immer sehr fruchtbar, auch dann später im Studentenrat. Auch von den Lehrveranstaltungen gibt es so manchen Moment, an den ich mich gut erinnern kann. Sei es Professor Lüders, der uns bei Strobo-Licht an seiner Geige Schwingungen zeigte, oder Professor Jahn, der uns immer wieder mit ungewolltem und trockenem Humor zum Lachen brachte.
Welches Erlebnis/welche Erfahrung im Studium hat Sie nachhaltig geprägt?
Ein einzelnes Erlebnis fällt mir da nicht ein, das ganze Studium hat mich nachhaltig geprägt. Am ehesten dürfte es die parallel zum Studium erfolgte Arbeit als Werkstudent sein, da ich hier schon sehr früh wertvolle Praxiserfahrungen sammeln konnte. Hier ist mein Auslands-Jahr in den USA sicherlich das wichtigste Erlebnis gewesen, was mich zum einen stark geprägt hat, mir aber vor allem sehr wichtige sprachliche und kulturelle Erfahrungen ermöglicht hat. Parallel zum Studium habe ich mich außerdem für die Laufbahn der Reserveoffiziere in der Bundeswehr beworben und die dazu notwendige Ausbildung absolviert. Dadurch konnte ich sehr früh sehr tiefgreifende Führungserfahrungen sammeln.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag aus?
Als Consultant für Microsoft Azure berate ich Kunden zu Governance & Compliance, Migrationen, Betrieb und Optimierung von Cloud-Umgebungen. Den größten Teil des Tages verbringe ich dabei Kundenterminen, die meisten remote. Hier unterstütze ich Kunden mit meiner Erfahrung oder führe Workshops durch. In der restlichen Zeit erarbeite ich Konzepte, probiere neue Technologien aus oder betreue Auszubildende und Werkstudenten.
An welchem Projekt arbeiten Sie zurzeit?
Ich habe in der Regel parallel mehrere Projekte, an denen ich arbeite. Aktuell geht es zum Beispiel um die Einführung von Cloud-Technologien bei einer Behörde, der Optimierung von Bestandsumgebungen und der Betreuung von Abschluss- und Bachelor-Arbeiten.
Wie hat das Studium Sie auf Ihre heutige Tätigkeit vorbereitet? Welche Erfahrungen aus Ihrem Studium konnten Sie mit in Ihr Berufsleben nehmen?
Die im Studium vermittelten Inhalte sind – das war mir damals schon bewusst – für die tägliche Arbeit in Industrie und Wirtschaft nicht von größerer Bedeutung. Die dabei vermittelten Methoden-Kompetenzen und die Fähigkeiten zum selbstständigen Arbeiten und Lernen sind es dafür um so mehr. Auch ist ein Verständnis für die theoretischen und technischen Grundlagen der IT unglaublich wertvoll. Gerade in meinem Berufsumfeld ändert sich die Technologie rasend schnell – da muss man sich ständig anpassen und Neues lernen. Und ohne das Verständnis für die Grundlagen, die im Studium vermittelt wurden, würde das viel schwerer fallen.
Welchen Ratschlag würden Sie Studierenden Ihres Faches aus heutiger Sicht geben?
Entscheidet euch, ob ihr lieber einem theoretischen Beruf nachgehen wollt (dann wäre ggf. ein Universitäts-Studium sinnvoll) oder ob ihr eher in der Praxis zuhause seid. Wenn dem so ist: Sammelt so viel Praxis-Erfahrung wie ihr könnt, so früh wie ihr könnt. Legt euch nicht zu früh auf ein bestimmtes Themen- oder Fachgebiet fest – bleibt generalistisch und flexibel, die IT ändert sich viel zu schnell, als dass man immer nur einem aktuellen Hype-Thema hinterherlaufen sollte!
Was würden Sie heute anders machen?
Rein aus Sicht des Studiums würde ich vermutlich nach einem abgeschlossenen Diplom-Studium nicht noch ein Master-Studium absolvieren. Aber zum einen ist das heute eh nicht mehr relevant, zum anderen habe ich nur so überhaupt den Weg zu meinem Auslandsjahr in den USA gefunden. Insofern – würde ich wohl einfach alles nochmal so machen!
Sie können Herrn Hertes zu den Themen Microsoft-Technologien (insbesondere Azure, PowerShell, Windows Server), Auslandserfahrungen (insbesondere in den USA) und die Tätigkeit in der Reserve der Bundeswehr über seine Website (https://www.hertes.net)
]]>Im Video blickt sie auf ihre Zeit an der Hochschule zurück und berichtet über die Vorteile eines praxisorientierten Studiengangs.
Mehr Informationen zum Studiengang
Entscheidend für den beruflichen Einstieg war ihr Praxissemester auf der Leipziger Messe. Im Video erfahrt ihr mehr über ihren abwechslungsreichen Arbeitsalltag und bekommt noch ein paar Tipps für euer Studium.
Mehr Informationen zum Studiengang
Mehr Informationen zum Studiengang
Mehr Informationen zum Studiengang
Mehr Informationen zum Studiuengang
Mehr Informationen zum Studiengang
Mehr Informationen zum Studiengang hier
Mehr Informationen zum Studiengang hier.
Mehr Informationen über den Studiengang hier
Heute arbeitet er als Prozessingenieur bei der G+D Currency Technology GmbH im Werk in Leipzig.
Mehr Informationen zum Studiengang hier.
Mehr Informationen zum Studiengang hier.
#htwk #htwkleipzig #elektrotechnik #informationstechnik #studienwahl
Reinhard Böhm: Ich war schon immer technisch interessiert, habe nach dem mittleren Schulabschluss Betriebs-, Mess-, Steuerungs- und Regelungstechniker gelernt. Und danach standen mir 45 Berufsjahre bis zur Rente bevor, in einem VEB der chemischen Grundstoffindustrie. Verschlissene, umweltschädigende Produktionsanlagen, keine Chance auf Verbesserungen. Ich bewarb mich um einen Studienplatz und bekam die Zusage zu einem Hochschulstudium der Technischen Kybernetik an der neu gegründeten Ingenieurhochschule Leipzig. Da kniete ich mich in die nötigen Vorbereitungskurse in Mathe, Physik und in dieser Zeit besonders `wichtig`, Marxismus-Leninismus und kam zum Wintersemester 1970 nach Leipzig.

Was waren prägende Erinnerungen im Studium?
Reinhard Böhm: Die Hochschulen wurden damals in der DDR stark ausgebaut, die waren auf so viele Studenten, wie sie aufnehmen sollten, gar nicht vorbereitet: Im Wohnheim in der Friederikenstraße wurden Klassenräume einer ehemaligen Berufsschule zu Schlafräumen umgebaut, wir wohnten dort zu sechs und acht Personen, hatten ausgemusterte NVA-Spinde und Strohsäcke in den Betten, das will man sich nicht mehr vorstellen. In der heutigen Wächterstraße war der oberste Stock noch kriegsbeschädigt, wir lernten dort in Räumen, die im Winter nur schlecht beheizbar waren. Um dann 1974 das Ergebnis meiner Abschlussarbeit auf einem Plotter zu zeichnen, fuhr ich mit dem Programm – auf Lochkarten übrigens – nach Berlin. In Leipzig gab es kein solches Zeichengerät.
Das klingt ja nicht nach den besten Studienbedingungen.
Reinhard Böhm: Aber die Profs, das waren ganz tolle Leute. Was die an Technik nicht hatten, haben sie mit Papier, Kreide und Engagement wettgemacht, etwa Dr. Singer und Dr. Fritsche in Physik, oder die Tafelbilder von Prof. Schäfer in Mathe. In meinem Jahrgang gab es viele wie mich, die schon im Berufsleben standen und genau wussten, warum sie unbedingt studieren wollten. Wer direkt vom Abitur kam, der hatte es erstaunlicherweise etwas schwerer, den Ernst des Studiums zu erkennen.

Wie ging es nach dem Studium für Sie weiter?
Reinhard Böhm: Ich habe nach meinem Diplom 1974 als befristeter Assistent an der Hochschule gearbeitet. Ein Jahr später wurde die Familie größer und das Geld knapp – da eröffnete sich die Chance, beim VEB Verbundnetz Gas anzufangen. Dieser Betrieb war für den Transport und die unterirdische Speicherung der Gasmengen in der DDR zuständig, also auch für das Erdgas, das seit 1973 über die neuen Pipelines aus Russland angeliefert wurde. Damals hatte der Begriff Energiewende eine ganz andere Bedeutung.

Was waren damals die Herausforderungen?
Reinhard Böhm: Wir haben Ende der 1970er Jahre in der real existierenden Mangelwirtschaft die Fernsteuerung der Gastransport- und Speichersysteme von analoger auf digitale Technik umgestellt, sozusagen Digitalisierung 1.0. Auf diesem Gebiet habe ich dann auch mein Promotionsthema gefunden – meine Alma Mater in der Wächterstraße hieß inzwischen Technische Hochschule Leipzig und hatte Promotionsrecht. Die Verteidigung der Promotion war zu Ostern 1989 im Raum 08. Dort finden heute noch die Verteidigungen von Abschlussarbeiten statt.
Die VNG ist einer der wenigen Betriebe, die nach 1989 erfolgreich den Sprung in die Marktwirtschaft geschafft haben. Wie ist Ihnen das gelungen?
Reinhard Böhm: Das war ein verrückter Prozess, da gibt es auch viele Legenden. Wir haben uns ganz früh um die Privatisierung gekümmert und mit der Treuhand gesprochen. Schon im Juni 1990, noch vor der Währungsreform, starteten wir als Verbundnetz Gas AG. Wir hatten strategische Investoren aus dem Westen an Bord, zwei Gasversorger, die uns hervorragend beraten haben. Die Leute dort waren Idealisten und am Erfolg der VNG AG und der deutschen Einheit interessiert, denen ging es nicht nur ums Geld. Die prüften und meinten, unsere Techniker wären perfekt – sie schickten uns ergänzend hochkarätige Juristen und Kaufleute zur Unterstützung. Die hatten wir bitter nötig, Konkurrenz oder das Verhalten von strategischen Konkurrenten uns gegenüber, das kannten wir ja nicht. Bis dahin wurde das vorhandene Gas an die Verbraucher verteilt! Auf einmal mussten wir es auch einkaufen und verkaufen. Das war eine völlig andere Welt.

Wie war Ihre Verbindung zur Hochschule nach der Wiedervereinigung?
Reinhard Böhm: Damals wurde die HTWK gegründet, und der Kontakt zwischen VNG AG und Hochschule wurde stärker. Ich wurde ins Kuratorium der HTWK berufen, eine Art Aufsichtsgremium, das bis 2009 bestand.
Dort waren Sie auch viele Jahre Vorsitzender. Wofür haben Sie sich engagiert?
Reinhard Böhm: Ich wollte vor allem die Verbindungen zwischen Wirtschaft und HTWK stärken, habe mit vielen Professoren, etwa Kubessa, Agsten oder Wenge, sowie den Rektoren Steinbock, Nietner und Milke zusammengearbeitet. Ich bin dankbar, dass sich die Kontakte in die Energiebranche so gut entwickelt haben. Wir als Kuratorium haben den Bolognaprozess begleitet, sahen aber die Abschaffung des Diploms kritisch. Das war ein deutsches Markenzeichen. Gleichzeitig wollten wir unbedingt das Promotionsrecht für unsere Hochschule zurück.

Seien Sie versichert, am Promotionsrecht arbeiten wir weiterhin. Was meinen Sie zur heutigen Energiewende?
Reinhard Böhm: Da geht es immer um Elektro und Elektro, aber Gas, grüne Power-to-Gas-Technologien, Gasmobilität, synthetische Kraftstoffe, Technologie- und Energiemix, die sind mir noch viel zu unterbelichtet. Ganz klar ist, es gibt keine einfachen Antworten: Polizisten, die die Fridays-for-future-Demos absichern, werden mit Diesel hin- und zurückgefahren, und die Demonstranten kommunizieren über Handys aus fragwürdigen Rohstoffen. Wir müssen da zu einer maßvollen Debatte zurück. Ob in technischen oder gesellschaftlichen Fragen, bei einfachen Antworten werde ich schnell skeptisch.
(Stand: Januar 2020)
Dirk Thärichen: Eigentlich wollte ich in Berlin Ökonomie studieren, Zahlen haben mir schon immer Spaß gemacht. Das war Ende der 1980er Jahre in der DDR, damals hieß es: Wer studieren will, muss vorher einen dreijährigen Wehrdienst absolvieren. Aber während ich dort war, fiel die Mauer und damit der Zwang, die komplette Zeit abzusitzen. Ich habe mich nach einem Studienplatz in der Nähe umgesehen – und die Technische Hochschule Leipzig, Vorgängerin der HTWK, führte gerade einen völlig neuen Studiengang ein, Wirtschaftswissenschaften.
Das war im Oktober 1990, wenige Tage vor Ihrer Immatrikulation trat der Einigungsvertrag in Kraft.
Thärichen: Richtig, alles war im Übergang. Es gab viele so wie mich, die vom Wehrdienst kamen, unser Studiengang war überfüllt, gleichzeitig waren wir die Versuchskaninchen: Inhalte wurden während des Semesters laufend geändert, und viele, leider auch gute, Professoren waren plötzlich weg, weil man Ihnen Verbindungen zur Stasi nachgewiesen hatte. Wir hatten aber auch richtige Kapazitäten, Lothar Tippach etwa oder Prof. Bert Rürup, den späteren Vorsitzenden der „Wirtschaftsweisen“ und Erfinder der Rürup-Rente. Der kam damals als Gastprofessor von der TU Darmstadt. Bei ihm war es richtig spannend. Andererseits waren viele der alten Profs mit dem „neuen“ Stoff wenig vertraut. Einer hat den Begriff Vorlesung wörtlich genommen und alles aus einem West-Buch, dem „Stubbe“, vorgelesen. Wir haben uns das Buch besorgt und dann aus Spaß, wenn er eine kurze Pause machte, laut weitergelesen.
Das marktwirtschaftliche System und die Rechtsordnung waren damals für alle Neuland.
Thärichen: Alles das, was wir bis dahin erlebt und gelernt hatten, meine ganzen 20 Jahre bis dahin, das konnte ich großteils über Bord werfen, das galt nichts mehr. Nur manches, etwa die Gesetze der Mathematik, der Statistik und die Wahrscheinlichkeitsrechnungen, die waren gleichgeblieben. Am anstrengendsten fand ich die Informatikthemen. Wir hatten nagelneue Rechner von Intel, 386er. Was habe ich mich quälen müssen. Ich wollte nicht Programmieren lernen, ich wollte lernen, wie man sich erfolgreich am Markt behauptet.

Die Hochschule war damals ja noch über die ganze Stadt verteilt, wie hat das funktioniert?
Thärichen: Wir hatten Veranstaltungen im Hauptgebäude an der Karli oder im heutigen Gutenbergbau, aber meistens in der Trufanowstraße in Gohlis. (Dieser Standort gehört heute nicht mehr zur HTWK, d. Red.) Wir sind dann mit der Straßenbahn hin und her gefahren. Das Gefühl eines Campus wie heute, das gab es bei uns nicht.
Wie war das studentische Leben?
Thärichen: Ganz großes Kino. Wie gesagt, wir waren ja sehr viele, waren eine große Community, und alles war im Umbruch. Und die TH Leipzig hatte zu Recht einen tollen Ruf, der Ba-Hu-Fasching und unser Klub in der Friederikenstraße, das hat alles einen Riesenspaß gemacht. Nebenbei natürlich.
Wie ging es dann weiter?
Thärichen: 1991 war dann klar, dass die Technische Hochschule Leipzig abgewickelt wird, parallel entstand ab 1992 die HTWK. Ich hätte dann mit dem Zeugnis einer Einrichtung dagestanden, die es nicht mehr gab. Ich und ein paar meiner Kommilitonen wollten für das Hauptstudium unbedingt „rüber“ in den Westen, uns das alles direkt ansehen. So bin ich nach dem Vordiplom an die TU Dortmund, und habe dann dort mein Studium abgeschlossen.
Wie war der Wechsel?
Thärichen: Inhaltlich habe ich leicht Anschluss gefunden, da konnte ich mich nicht beschweren. Und die Menschen in NRW, die sind genauso weltoffen wie wir Sachsen, die haben uns Ossis mit offenen Armen aufgenommen. Wir galten etwas als Exoten. Für uns war das eine völlig andere Gesellschaftsordnung, meine Kommilitonen hatten ganz andere Biografien, Erlebnisse, Bezugspunkte. 1993 habe ich meine erste USA-Reise gemacht, das fanden die alle lustig. Andererseits waren sie noch nie an der Ostsee gewesen.

Ihre große Leidenschaft neben Zahlen ist der Sport.
Thärichen: Ich habe mich schon während meiner Zeit in Leipzig fürs Sportbusiness interessiert. Ich bin damals zu einem großen Tennisturnier und habe gesagt: „Ich will hier arbeiten.“ Das war wie mit der DDR, alles, was ich kannte, galt nichts. Aber ich wollte das unbedingt lernen. So habe ich schon während des Studiums erst bei der Organisation mitgeholfen, bin da reingewachsen und habe später selbst verschiedene Großveranstaltungen organisiert.

Was sind heute Ihre Aufgaben als Vorstandssprecher der Konsum e.G.?
Thärichen: Ich bin zuständig für Marketing, Finanzen, Personal - und Digitalisierung, da muss ich immer mal an meinen alten 386er im Studium denken. Als ich 2014 zu Konsum kam, waren die Kundenzahlen nach unten gegangen. Meine Aufgabe zusammen mit meinem Kollegen im Vorstand ist es, eine Trendwende herbeizuführen, das Unternehmen neu aufzustellen. Letztlich geht es auch darum, die Unternehmenskultur zu ändern, um wieder erfolgreich zu sein. Das hat eine Weile gedauert. Aber 2018 haben wir die besten Umsätze seit der Wiedervereinigung eingefahren, sind um 7% gewachsen.
Hat Ihr Studium Sie auf Ihre heutigen Tätigkeiten vorbereitet?
Thärichen: Ich hatte mich im Studium auf Marketing und Unternehmensführung spezialisiert, das sieht sich bei mir als roter Faden durch. Aber BWL ist so unglaublich vielfältig, da gibt es noch Controlling, Finanzwirtschaft, Personalwirtschaft, Rechnungswesen, Steuerlehre und so weiter. Ich kann nur sagen: Du brauchst später jeden Teil davon, wenn du erfolgreich sein willst.
(Stand: August 2019)

Verdichter und Turbinen
AviComp ist eine weltweit agierende Firma mit Sitz in Leipzig, die sich auf die Automatisierung von industriellen Verdichter- und Turbinenanlagen spezialisiert hat. Dr. Rico Schulze, damals noch Elektrotechnik-Student an der HTWK Leipzig, schrieb nach dem Praktikum seine Diplomarbeit bei AviComp. Anschließend wurde er als frisch gebackener Absolvent übernommen. Seitdem betreute Schulze mehrere aufeinander aufbauende Forschungsprojekte, auch in Kooperation mit seiner Hochschule. Dabei entstanden in enger Zusammenarbeit Softwarekomponenten und Systeme, die eine Simulation der Anlagen und eine Zustandsbewertung von Verdichtern ermöglichen. Parallel dazu hat Rico Schulze seinen Doktor-Ingenieur gemacht. Mittlerweile leitet er die F&E-Abteilung von AviComp.

„In der Automobilentwicklung ist es längst üblich, die Funktionsweise von komplexen Steuerungsvorgängen wie zum Beispiel der Bremsautomatik bereits vor dem Einbau ausgiebig zu testen und Extremsituationen zu simulieren. Dazu wird das Steuerungssystem an einen Prüfstand angeschlossen, in welchem das Fahrzeug virtuell nachgebildet ist“, erklärt Rico Schulze. „Gemeinsam mit der HTWK Leipzig haben wir diese sogenannte ‚Hardware-in-the-Loop‘-Simulation auch für rotierende Maschinen einsatzfähig gemacht.“ Gefördert wurden die Projekte über das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand des Bundeswirtschaftsministeriums. Mit den Ergebnissen kann AviComp die Steuerung eines Verdichters bereits testen, bevor dieser fertiggestellt ist – für den Kunden spart das Zeit und Geld, für AviComp kostbare Nerven und weite Dienstreisen. „Dieser technologische Vorsprung stellt für uns ein enorm wichtigen Wettbewerbsvorteil dar – und er hat sich bereits in lukrativen Aufträgen ausgezahlt“, so Schulze.
Digitale Zwillinge für komplexe Anlagen
Auch für die Fehlersuche in bestehenden Anlagen ergeben sich neue Möglichkeiten. Aktuell beschäftigen sich Hochschule und AviComp in einem gemeinsamen Projekt mit den Einsatzmöglichkeiten sogenannter „digitaler Zwillinge“. Das Konzept gliedert sich in den Themenkomplex Industrie 4.0 ein, wie Projektleiter Prof. Jens Jäkel erklärt: „Ein digitaler Zwilling ist eine virtuelle Kopie einer Maschine oder komplexen Anlage inklusive allem was dazu gehört. Er wird über den gesamten Lebenszyklus der Maschine oder Anlage anhand von Echtzeitdaten auf aktuellem Stand gehalten. Wenn Änderungen anstehen oder Probleme auftreten, können am digitalen Zwilling Lösungen erarbeitet werden, ohne Experimente im laufenden Betrieb zu riskieren.“

Von den Ergebnissen profitieren beide Seiten
Einen beträchtlichen Teil der Kosten für die gemeinsamen Forschungsprojekte muss AviComp selbst stemmen – für das mittelständische Unternehmen aber alles andere als ein Verlustgeschäft: „Wir wissen, dass wir in Forschung investieren müssen. Durch die Kooperation mit der HTWK Leipzig können wir uns das fördern lassen und haben gleichzeitig einen kompetenten Partner, der uns mit seinem methodischen Know-how ideal unterstützt“, so Schulze. Doch auch die Wissenschaft profitiert von der Kooperation: Rico Schulze hat, betreut von Prof. Hendrik Richter, im kooperativen Verfahren an der HTWK Leipzig und der Universität Magdeburg promoviert. Seine Dissertation steht frei zugänglich im Internet.
Für seinen Doktor-Ingenieur hat sich Schulze mit einem sicherheitsrelevanten Aspekt beim Betrieb von Verdichtern beschäftigt: „Für Verdichter gibt es wichtige Betriebsgrenzen. So wie ein Flugzeug abstürzt, wenn es zu langsam fliegt, wird ein Verdichter geschädigt, wenn er dauerhaft zu langsam durchströmt wird. In meiner Arbeit habe ich gezeigt, wie solche Betriebsgrenzen durch Körperschallmessungen am Gehäuse von Verdichtern erkannt werden können. Darauf aufbauend habe ich einen Regelungsalgorithmus entworfen, der im kritischen Fall automatisch nachsteuert.“ Im Juni 2019 wurde Rico Schulze für seine Arbeit mit dem 1. Förderpreis des VDI-Bezirksvereins Leipzig ausgezeichnet.
Bei AviComp wird Schulze in den nächsten Jahren nun daran arbeiten, die Ergebnisse seiner Dissertation in die Anwendung zu überführen – und natürlich auch weiterhin gemeinsam mit „seiner Hochschule“ weitere gemeinsame Forschungsprojekte in Angriff nehmen.
Autorin: Dr. Rebecca Schweier
Oliver Scholz: Direkt nach dem Abitur habe ich mich entschlossen, nicht in den Familienbetrieb einzusteigen, sondern meinen eigenen Weg zu gehen und neue Erfahrungen zu machen. Meine große Liebe waren – und sind – Autos. Deshalb wollte ich die Technik dahinter weiter verstehen und wissen, wie man sie wirtschaftlich in Masse produziert. Ich wollte praxisnah und in einer schönen Stadt studieren – da gab es nur eine Option: die HTWK in Leipzig.
An welches Detail an der HTWK Leipzig können Sie sich gut erinnern und warum?
Der erste Studientag war besonders für mich, denn ich stand in der Karli und habe den Raum M205 für die Auftaktvorlesung gesucht. Ich war etwas spät dran – ich hatte mir extra eine Wohnung in der Nähe der HTWK gesucht, hatte den Weg aber doch unterschätzt. Voller Entsetzen musste ich feststellen, dass die Fakultät ME nicht in der Südvorstadt sitzt, sondern in Markkleeberg. Also rein in den Bus und der schöne Campus war erstmal Ade. Dieser gefühlte Nachteil sollte sich jedoch bald als riesiger Vorteil entpuppen, denn der etwas verschlafen anmutende „Außenstützpunkt“ hatte es durch die Intimität und Gemeinschaft in sich. Dazu war der Cossi in der vorlesungsfreien Zeit auch nicht schlecht und immer eine alternative Lernmöglichkeit.
Welches Erlebnis/welche Erfahrung im Studium hat Sie nachhaltig geprägt?
Frau Prof. Hentschel. Sie war für mich eine wahre Mentorin. Egal, ob während der Vorlesung, durch viele persönliche Erfahrungen und Ratschläge oder in der Zeit der Bachelorarbeit bei BMW, sie hat stetig den Druck an der richtigen Stelle erhöht, damit man an seine Grenzen kommt und aus seiner Zeit an der HTWK echt was macht. Wir sind noch heute eng in Kontakt.
Auf welche Erfahrung hätten Sie gern verzichtet?
Leider muss man auch sagen, dass die HTWK nicht nur Vorzüge hatte, denn Abstimmungsprobleme zwischen einigen Professoren und Fakultäten haben auch manchen Studenten zwischen den Stühlen stehen lassen. Es hat sich aber immer eine Lösung gefunden.
Wie hat das Studium Sie auf Ihre heutige Tätigkeit vorbereitet?
Die HTWK hat mich sehr gut auf mein Berufsleben vorbereitet, denn die praxisnahen Vorlesungen mit vielen Beispielen und der Austausch in kleinen Lerngruppen haben mir ein festes Fundament ermöglicht, auf das ich gut aufbauen konnte. Darüber hinaus hat sich durch das „Lernen“ in der einen oder anderen Leipziger Bar ein gutes Netzwerk etabliert, das ich heute noch schätze und man hat Freunde fürs Leben gefunden. Auch meinen Berufseinstieg nach dem Bachelor bei BMW und mein paralleles Studium während meiner Vollzeitstelle als LEAN-Projektleiter bei BMW hat die HTWK nicht blockiert, sondern unterstützt. Das permanente Wechseln zwischen Theorie und Praxis in der Vorlesung war geistig zwar anspruchsvoll, aber unglaublich lehrreich. Diese Erfahrung will ich selbst auch heute den Studenten mitgeben und versuche immer, in meinem eigenen Unternehmen einen HTWK-Werkstudenten auszubilden und selbst Vorlesungen an der HTWK zu halten, um Praxiswissen weiterzugeben.
Wie sind Sie auf ihren ersten Job aufmerksam geworden?
Ich war dank Prof. Hentschel im Rahmen der Vorlesung Produktionsplanung bei einer Werksbesichtigung bei BMW. Dort kam ich mit Führungskräften von BMW ins Gespräch. Der Rest ist Geschichte und hat Riesenspaß gemacht.

Und die Schritte danach?
Nach einiger Zeit dort bin ich in die Geschäftsführung eines IT-Unternehmens gewechselt, auf Grund meiner Spezialisierung auf die Themen LEAN Management und LEAN Leadership. Diese Aufbruchsstimmung in der IT-Branche hat mich dazu ermutigt, nach 2 Jahren mein eigenes Unternehmen, die soLEAN GmbH, zu gründen.
Wie sieht heute ein typischer Arbeitstag aus?
Ich unterstütze Mittelständler, bessere Prozesse und Strukturen aufzubauen. Deshalb verläuft jeder Tag anders. Ich bin jeden Tag in einem anderen Unternehmen und baue und schraube dort zusammen mit der Führungsmannschaft an deren Unternehmensentwicklung. Dabei hilft das technische Verständnis, welches ich als Ingenieur an der HTWK erlangt habe, enorm. Darüber hinaus bilde ich jeden Tag Menschen aus, wie sie ihr Unternehmen stets ein bisschen besser machen. Die Unternehmensgründung war sicher eine große Herausforderung. Der Schritt, sein eigenes Unternehmen zu gründen und aufzubauen, ist etwas ganz Besonderes. Es ist wie ein Kind, das abhängig von einem ist und was man täglich ernähren und entwickeln muss. Viele meiner heutigen Herangehensweisen und Denkweisen gehen auf mein Bachelor- und Masterstudium an der HTWK zurück. Denn ein Unternehmen zu führen heißt, sich täglich 1000 Mal zu entscheiden. Das geht nur, wenn man in der Lage ist, sich und sein Unternehmen ständig zu reflektieren. Diese Eigenschaft haben gerade Frau Prof. Hentschel oder Prof. Fischer in Ihren Vorlesungen immer wieder aus uns herausgekitzelt. Danke dafür.
Was wird Ihre nächste berufliche Station sein?
Die soLEAN GmbH wächst immer weiter. Mein Ziel ist es, ein Kompetenzzentrum für LEAN-Management in Sachsen aufzubauen und fest zu etablieren. Aus dem LEAN-Gedanken soll eine feste Bewegung im Unternehmertum werden, nicht nur eine Ansammlung von Methoden.
Welche Erfahrungen aus Ihrem Studium konnten Sie mit in Ihr Berufsleben nehmen?
„Studieren heißt sich bemühen“, meinte unser Dekan in der ersten Vorlesung. Es reicht nicht, einfach nur dabei zu sein oder mitzuschwimmen. Mach es zu deiner Aufgabe und hänge dich rein, damit du immer ein wenig besser bist, dann wird es dir auch extrem viel Spaß machen. Außerdem habe ich mitgenommen: Hinter jedem starken Mann steht eine mindestens so starke Frau.
Welchen Ratschlag würden Sie Studierenden Ihres Faches aus heutiger Sicht geben?
Genießt diese Zeit und macht alles mit. Lernen ist das Eine, aber das Aufbauen von Netzwerken und Ausprobieren von allen Dingen ist das Wichtigste. Denn draus lernt ihr nicht nur für die Prüfung, sondern für das Leben, und darauf soll das Studium vorbereiten. Nicht Bulimie-Lernen, sondern Problemstellungen lösen. Und das bedeutet: sich anstrengen, reinhängen, wieder aufstehen, durchziehen und Erfolge gemeinsam genießen.
Stand: Juni 2019
