Was sind die neuesten Ideen im Bereich Publishing? Was erwartet uns in den nächsten Jahren? Technologie besitzt einen höheren Stellenwert als je zuvor. Wie gehen wir damit um?
Dies waren die Eröffnungs- Fragen beim Publishers‘ Forum im dbb- Forum in Berlin. Seit 2004 treffen sich einmal im Jahr deutsche und internationale Entscheider und Vordenker aus Verlagen und branchennahen Technologie-Anbietern. Sie diskutieren Sachthemen und Kontroversen innerhalb der Branche.
Am 24. April eröffnete David Worlock die Konferenz mit einem Vortrag über den Stand der Verlage 2017. Er beschrieb, dass wir in dieser vernetzten Welt alle Publisher sind. Das heißt nicht nur Verlage, sondern jeder der Zugang zum Netzwerk besitzt, ist ein solcher. Der Content sei immer noch wichtig, "(...) but he's not the KING." Fortschritt wäre alles, dazu sollte man seine Kunden kennen und das Publizieren für diese einfacher, produktiver, kostengünstiger und schneller machen.
Anschließend folgten weitere Eröffnungsreden, wie zum Beispiel von Michael Tamblyn, welcher die fünfte Welle im Buchhandel beschrieb. eBooks haben sich etabliert und nun ist wieder Ruhe im Buchhandel eingekehrt? Nicht nach Michael Tamblyn. Wir befänden uns in der "attention economy", das heißt die Leute dazu zu bewegen hereinzukommen. Doch es ginge schon lang nicht mehr um den klassischen Buchladen und dessen Buchsortiment, sondern darum einen wunderschönen Platz mit zusätzlichen Produkten wie non-books zu gestalten. Man müsse Bücher dort platzieren, wo der Kunde sowieso schon ist, zum Beispiel auf anderen Webseiten, welche den Kunden. Der Leser solle sich nicht fragen müssen "Was lese ich als Nächstes?".
Wie macht's Amazon?
Um 11 Uhr war die Möglichkeit den ersten Kaffee zu trinken und sich mit anderen Besuchern zu unterhalten. Danach folgten weitere Vorträge mit anschließender Podiumsdiskussion.
Bei dem Vortrag "Betreuung von Autoren" wurde speziell auf Communities bei Kindle Direct Publishing eingegangen, eine Self-Publishing-Plattform des Internetanbieters Amazon.com zur Selbstpublikation von E-Books. Dort sind die Dienste direkt auf die Kunden zugeschnitten, wobei Amazon den Autoren verschiedene Optionen, jedoch keine Vorschriften, lässt. Als Leitfäden stehen die hohe Bereitschaft neue Wege zu gehen, Leser und Autoren zu betreuen und von Kunden zu lernen im Mittelpunkt.
Design Thinking
Nach dem Mittagessen folgten direkt verschiedenste Workshops, wobei jeder Teilnehmer selbst aktiv werden konnte. So wurde zum Beispiel beim Workshop „Industrie 4.0 Publishing 4.0“ Aspekte der Methode Design Thinking ausprobiert um kreativere Ideen zu entwickeln. Hierzu wurden bei der "Silent Conversation" zu einer bestimmten Fragestellung, zum Beispiel "Was will mein Kunde?", alle Ideen auf PostIts geschrieben ohne miteinander zu sprechen. Dabei konnte man sich frei bewegen, konzentriert bleiben, voneinander lernen und spontan sein. Anschließend erstellte die Gruppe gemeinsam den "Tree of Ideas", wobei die PostIts sortiert wurden. Schnell zu erreichende Ziele wurden an den Blättern des Baumes platziert und lang andauernde Prozesse auf den Stamm. Je besser das Zukunftspotential, desto höher wurde die Idee auf den Baum gepinnt.
Das Ende des ersten Tages
Nach diesem aktiven Part des Tages folgten weitere Vorträge, wie zum Beispiel über Aufstellung von Verlagsunternehmen für neue Komplexitäten. Ein Beispiel war die Matrix Organisation, bei welcher der Schwerpunkt eines Medienunternehmens mehrere Buchverlage bilden. Einzelne Experten werden aus jedem Verlagshaus ausgewählt, sodass diese Thematiken und Anregungen besprechen können, welche alle Verlage des Medienunternehmens betreffen. Gleichzeitig organisieren sich die einzelnen Buchverlage innerhalb aber selber. [Bsp. Bonnier Books www.bonnierbooks.com/about-us/]
Nach einem langen Tag voller neuer Informationen folgte das gemeinsame Abendessen im Restaurant Gendarmerie, wobei noch einmal in entspannter Atmosphäre mit dem Tischnachbarn das Vorgestelle besprochen werden konnte.
Interessante Zahlen
Am nächsten Tag folgten morgens weitere Keynote-Vorträge über neue Perspektiven von eBooks. Rüdiger Wischenbart präsentierte den globalen eBook Markt (basierend auf Daten von 2015). Dabei zeigte sich, dass China den größten Umsatz im Sektor eBooks erzielte. In Deutschland, einem verhältnismäßig stabilen Markt, zeichnete sich ein Rückgang der Umsätze ab.
Verleger verkaufen teure eBooks, Selfpublisher hingegen verkaufen günstige eBooks direkt an Konsumenten, was in einem gegabelten Markt resultiert. Demzufolge ist der Preis ein dynamischer Faktor im Segment eBooks.
Anschließend an die einleitenden Keynote-Vorträge folgten verschiedene Workshops. Unter anderem wurden die Zusammensetzungen von Management und Aufsichtsgremien von dem Beratungsunternehmen Narses mit dem Fokus auf Medien und ihre Zulieferer analysiert und ausgewertet. 46% von den 106 größten Verlagen sind von 2012 bis 2015 geschrumpft. Von den kollektiven Geschäftsführungen sind 57% homogen zusammengesetzt, das bedeutet entweder ausschließlich Frauen oder ausschließlich Männer sind in der Geschäftsführung. Dabei haben von den 106 größten Verlagen 6% keine Männer in der Geschäftsführung und 66% keine Frauen. Des Weiteren haben nur 27% dieser Verlage ein Aufsichtsgremium (Aufsichtsrat, Beirat, Verwaltungsrat). Doch sind 62% der Verlage mit Aufsichtsgremium gewachsen im Zeitraum 2012 bis 2015. Mit diesen Zahlen wurde man anschließend zum Mittagessen entlassen.
Digitales Lernen
Anschließend folgten weitere Workshops, beispielsweise zum digitalen Lernen Strategien zur Aufbereitung digitalen Inhalte in den Verlagen. Dabei wurden verschiedene Impulse von anderen Unternehmen geliefert, wie von Fabian Langenbach, welcher das System einer Content Plattform für konsumierendes Lesen vorstellte. Dabei besitzt jeder Nutzer ein Konto, auf welches das Aufladen von Geld möglich ist, um Lesezeit zu bezahlen und um auf Artikel zugreifen zu können. Hierbei sind auch Abonnements möglich, welche einem Einzelkauf gleichen. Er betonte, dass sich das Unternehmen als Infrastrukturanbieter sieht.
Das Publishers' Forum 2017 endete mit einigen Abschlussworten von Vortragenden mit dem Hinweis für das nächste Jahr: Save the date! Vom 26. bis 27. April wird 2018 das Publishers' Forum stattfinden.